Salz der Erde mit fadem Beigeschmack

Eine kurzfristige Änderung unserer Reisepläne führte zu einem Abstecher nach Zipaquirá, nördlich von Bogotá, wo die berühmte Salzkathedrale steht, die als größtes Wunder von Kolumbien angepriesen wird. Auch wir wunderten uns sehr über diesen Ort, der sich vor allem als eines herausstellte: als Touristenfalle.

Anscheinend haben die Betreiber der Salzmine von Zipaquirá entdeckt, dass Touristen noch einträglicher sind als ihr Hauptprodukt und verlangen einen unverschämt hohen Preis für den Eintritt in ihre Mine.

Ein paar in den Fels gehauene Kreuze, anstrengende Lichtinstallationen und einige moderne Skulpturen bemüßigen nun manche Leute dazu, diesen Ort als Kathedrale zu bezeichnen, was er ganz offiziell nicht ist (aber im Englischen und Spanischen wird nicht sauber zwischen Dom und Kathedrale unterschieden), sondern lediglich eine katholische Kirche, zu der drei Hallen der stillgelegten Mine umfunktioniert wurden.

Das führte letztlich zu einer merkwürdigen Mischung aus einer wenig schönen Kirche und einem öden Bergwerk. Wenn (außer den inflationären Kreuzen und vier Säulen) wenigstens ein paar filigrane Verzierungen oder schöne Skulpturen aus dem oder im Fels der Mine gestaltet worden wären, hätte das vielleicht beeindrucken können, aber so, wie es war, wirkte es schlicht lieblos – bis auf eine Szene mit Ureinwohnern im Shopping-Bereich. Wahrscheinlich ahnte das auch Papst Franziskus, als er im letzten Jahr die Einladung ausschlug, die „Kathedrale“ zu besuchen.

Trauriger Höhepunkt war der Shopping-Bereich, der etwa ein Drittel des gesamten zugänglichen Bereichs einnahm. Spätestens dort musste jedem klar werden, dass er sich in einer Räuberhöhle befindet. Der in der Heiligen Woche aufgestellte Jesus am Eingang machte schließlich auf uns den Eindruck, als wollte er von dem Ort nur flüchten. Wir taten es ihm gleich und raten hiermit jedem davon dringend ab, diesen Touristennepp durch einen Besuch zu unterstützen.

Es gibt wesentlich schönere Kirchen und wesentlich lohnenswertere Minen, die man besuchen kann und die nur einen Bruchteil des Eintrittspreises der Salz“kathedrale“ kosten.

5 Gedanken zu „Salz der Erde mit fadem Beigeschmack“

  1. Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Es wäre doch seltsam, würde jedes Erlebnis gleich schön sein 😉
    Die erinnerung an diesem Ort ist in dem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, wahrscheinlich längst wieder ausgegraut (und wird nun künstlich wieder hervorgeholt… entschuldigt!)

    1. Es ist immer ganz gut, ein Negativ-Ereignis zu haben, an dem man weitere Erlebnisse messen und sich ggf. schönreden kann. Wenn etwas doof ist, kann man hinterher immer sagen: „Wenigstens war es nicht so teuer wie Zipaquirá“ oder „Immer noch besser als die Salzkathedrale“. Die Erinnerung wird bei uns noch wach gehalten. 🙂

  2. „Steht nicht geschrieben: ‚Mein Haus soll ein Bethaus heißen für alle Völker‘? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht“
    Mit Eurer Meinung „Touristenfalle“ steht Ihr nicht alleine da. Ihr teilt diese mit einigen anderen Reisenden in der Gegend (sagt Google).

    Ihr Lieben, ich wünsche euch ein frohes Osterfest! Gibt es in Kolumbien auch das Ostereierbrauchtum?
    Eure Bilder und Reiseberichte habe ich heute wieder einmal sehr genossen und freue mich, dass Ihr so fit seid! Ganz liebe Grüße und viel Freude weiterhin am Reisen!

    1. Ja, diesen Vers hatten wir dort auch die ganze Zeit vor Augen. Danke für die Ostergrüße! Bisher haben wir weder Osterhasen noch Ostereier entdecken können und auch andere Osterbräuche sind uns verborgen geblieben, außer dass man zur Osternacht was Weißes anzieht.

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