Das Transportsystem in Guatemala

Da es nach dem letzten Beitrag einige Verwirrung darüber gab, was denn nun ein „Chickenbus“ sei, hier eine kurze Einführung in das guatemaltekische ÖPNV-System, das sich zum Teil auch auf andere zentralamerikanische Länder übertragen lässt.

Chickenbusse sind ausgemusterte US-amerikanische Schulbusse, wie man sie aus Filmen oder auch von den „Simpsons“ her kennt. Diese ursprünglich gelben Gefährte wurden von den neuen Eigentümern mit bunten Anstrichen, Musikanlage sowie vereinzelt sogar mit einem Fernseher versehen und sind das gängige Transportmittel zwischen größeren Städten und Regionen. Pro Stunde Fahrt zahlt man pro Person etwa 8 Quetzal, was ca. 1,00€ entspricht. Woher die Bezeichnung „Chickenbus“ kommt, ist uns nicht bekannt. Wir haben drei Theorien. Erstens, die Busse sehen so hühnerig aus, dass man sie so genannt hat. Zweitens, in (und auf) den Bussen werden alle möglichen lebendigen Tiere transportiert, u.a. Hühner – kommt der Name daher? Oder drittens, die Busse sind oft so vollgestopft, dass man sich darin fühlt wie ein Huhn in einem zu kleinen Hühnerkäfig. Keine der Erklärungen kann zwar 100%ig überzeugen, aber eventuell ist es ja auch eine Mischung aus diesen drei Theorien.

Microbusse sind Kleinbusse in etwa der Größe eines handelsüblichen VW-Busses, wobei die meisten hier von Toyota stammen. Die wenigsten dürften unter 500.000 Km auf dem Keilriemen haben. An die Busse wurden Gestelle mit Leitern montiert, über die jede Menge Gepäck auf dem Dach befestigt werden kann. Das ist auch nötig, damit die bis zu 30(!) Fahrgäste ohne Knochenbrüche in den Bus gequetscht werden können. Sollten mehr Personen mitfahren wollen, können noch bis zu vier an die Leitern außen gehängt und – je nach Gepäck – noch einige aufs Dach gesetzt werden. Auch in Microbussen wird grundsätzlich alles transportiert. Microbusse verbinden die Orte einer Region miteinander und kosten ca. 1,50€/Stunde Fahrt.

Sowohl in Chickenbussen als auch in Microbussen fährt jeweils ein „Helfer“ mit. Dieser ruft bei jedem Halt die Zielstation aus, wirft das Gepäck auf das Dach und sammelt das Fahrgeld ein. Ggf. steigt er auch mal während voller Fahrt über die Leiter einhändig aufs Dach, weil ein Kätzchen sich aus seinem Transportsack befreit hat und zur Strafe den Rest der Fahrt beim übrigen Gepäck verbringen muss (echt erlebt).

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Transportsystems hier sind Tuktuks. Rote dreirädrige überdachte Motorroller, die alle Kurzstrecken bedienen und bis zu 7€ (50Q) für eine längere Fahrt kosten können. Auf die Rückbank passen ca. vier erwachsene Personen (plus beliebig viele Kinder) oder auch wir beide mit unseren Rucksäcken. Tuktuks sind chronisch untermotorisiert, sodass man bei steileren Straßen auch schon mal aussteigen und ein paar Meter laufen muss, bevor man wieder einsteigen kann. Auch in Tuktuks kann alles transportiert werden, z.B. fünf Meter lange Metallstangen für eine Baustelle, die dann hinter dem Gefährt her schleifen.

In Guatemala Stadt gibt es darüber hinaus noch ein Bussystem und Taxis. Abgesehen vom Alter und Zustand vieler Busse ist das aber eher unspektakulär. Die meisten Touristen lassen sich von Shuttlebussen von Touristenagenturen herumkarren. Unserer Ansicht nach ist das aber vollkommen unnötig: viel teurer und kaum sicherer.

Die meisten Fahrer hier bremsen mit der Hupe, d.h. man hupt so lange, bis das Hindernis verschwunden ist. Man hupt auch, um sich zu grüßen, um sich anzukündigen, um sich zu beschweren oder einfach so, weil man Lust hat, etwas Lärm zu machen. Inzwischen können wir tatsächlich am Hupen unterscheiden, was jemand mit seinem Geräusch ausdrücken möchte. Manche Fahrzeuge besitzen sogar mehrere Hupen für verschiedene Anlässe.

So viel erst mal zum ÖPNV und zum Verkehr hier. Wir befinden uns immer noch in Nebaj (ja, seit fast zwei Wochen!), weil sich diese Gegend als wahres Paradies für Wanderer herausgestellt hat. Mehrmals haben wir schon überlegt, ob wir nicht weiterreisen sollten, aber haben uns dann doch kurzfristig umentschieden. Morgen jedoch wollen wir auf unsere vorerst letzte Wanderung in der Region gehen, bevor wir wieder in die Hitze des Tieflands zurückkehren.

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