Im Wanderparadies Nebaj

Fernab der üblichen Touristenrouten befindet sich im westlichen Hochland Guatemalas die Kleinstadt Nebaj. Wir kamen mit Chickenbussen vom Atitlán-See nach sechs Stunden am Busbahnhof an und freuten uns über das wunderbar kühle Wetter in 2.500 m Höhe.

Es dauerte nicht lange, bis Nebaj zu einem unserer Lieblingsorte wurde. Die Menschen waren sehr freundlich, überall gab es die traditionellen roten Röcke und bunten Blusen zu kaufen, mit denen die meisten Ixil-Frauen dort herumlaufen, auf dem zentralen Platz war immer etwas zu sehen: Fliegende Händler, die Werkzeuge und Tinkturen lautstark anpriesen, dutzende Jugendliche, die Ball oder fangen spielten, Männer und Frauen, die sich lebhaft miteinander unterhielten … immer hatten wir bestes Unterhaltungsprogramm.

Nachdem wir uns durch die halbe Stadt gefragt hatten, fanden wir im Mercado de Artesanías sogar noch eines der letzten Exemplare des phantastischen lokalen Wanderführers, von dem wir zufällig im Internet gelesen hatten. Zwar stammte dieser aus dem Jahr 2005, aber die Informationen waren noch einigermaßen aktuell, sodass wir uns schon bald auf die Socken machen konnten.

Auf alten Maultierpfaden wanderten wir tagelang viele Höhenmeter hoch und Kilometer weit in entlegene Dörfer, die zum Teil nicht einmal mit Straßen angebunden waren, zelteten auf grünen Weiden oder in wilder Karstlandschaft, wurden eine Attraktion für viele Kinder, die vom Anblick der „Gringos“ fasziniert waren oder sich über uns und unsere Rucksäcke lustig machten (aber sich trotzdem über Süßigkeiten freuen durften, die wir ihnen mitbrachten), kauften in kleinen Dorfkiosken ein, in denen es zwar Dreiliterflaschen Limonade, aber kein Trinkwasser gab, versuchten mit älteren Frauen zu kommunizieren, die Ixil und Quiché sprachen, aber kein Wort Spanisch verstanden und lernten eine Menge über die Geschichte dieser leidgeplagten Region Guatemalas, wo in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts der Bürgerkrieg am schlimmsten tobte. Dabei erfuhren wir auch einiges über die sehr unrühmliche Rolle der USA in dem Konflikt, deren Handeln im Jahr 1954 und danach entscheidend zur nachhaltigen Destabilisierung der ganzen Region und vieler anderer Länder Zentral- und Südamerikas beitrug.

Aus den geplanten wenigen Tagen wurden so zwei Wochen, die wir in der Region verbrachten und wir nahmen nur schweren Herzens von dem etwas chaotischen, aber liebenswerten Ort Abschied.

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